Glaube konkret – John McNeill in Basel

Vom 13. bis 21. September diesen Jahres hielt sich John McNeill mit seinem Partner Charles Chiarelli auf Einladung der Kommunität Friedensgasse in Basel auf, um im Rahmen des Projektes „Lesbisch-Schwule Spiritualität“ einige Veranstaltungen durchzuführen, u.a. um auch bei einem unserer LSBK -Gottesdienste mitzuwirken.

John McNeill gilt als einer der Vorkämpfer für die Rechte der Schwulen innerhalb der Kirchen und entwickelte interessante und sehr bedeutende Impulse zum Thema „Spiritualität für Lesben und Schwule“. Unbestritten ist er eine der bedeutendsten Figuren der weltweiten christlichen Homosexuellenbewegung.

Während seines Aufenthaltes in Basel hatte ich das Vorrecht, ihm und Charles des öfteren Gesellschaft zu leisten, „Gastgeber zu sein“, und dementsprechend Zeit mit diesen beeindruckenden Männern zu verbringen. Insofern möchte ich nun nichts Inhaltliches schreiben, z.B. über Erkenntnisse, die John aus jahrelanger Arbeit im Bereich „Spiritualität und Homosexualität“ gewonnen hat, sondern einige persönliche Eindrücke aus der Begegnung mit diesen „älteren“ Herren von 75 und 65 Jahren weitergeben, die mich sehr tief berührt haben:

Sollte ich eine Grundhaltung benennen, die Johns Sein bestimmt, so ist es die Grundhaltung der Dankbarkeit. Trotz allem Schlimmen, das er auch von Seiten seiner Kirche erlebte, die er immer noch liebt, strahlt John diese Qualität aus:

Ja, das Leben ist lohnens-, lebens- und liebenswert, trotz allem , was dir Mühe macht – ergreife es – gestalte es – lass es dir nicht rauben und nehmen – es ist Dein Leben, das dir Gott anvertraut hat – sage Ja dazu !

Eine weitere Grundhaltung ,die ich bei John und Charles wahrgenommen habe, ist die Grundhaltung der Aufmerksamkeit. Selten habe ich soviel Interesse und Zuwendung in einer Begegnung erlebt und schon bald drehte sich die Rolle: Nicht nur John stand im Mittelpunkt als der weise Mann, der Erfahrene und „Meister“, sondern auch meine Lebensgeschichte interessierte ihn, bewegte ihn. Sehr sensibel und mit wohl ausgewählten Worten griff er immer wieder neu meine Situation auf und ermutigte mich zu neuen Haltungen und Schritten.

Und das ist auch die dritte Qualität, die John so deutlich lebt: Ermutigung!

Ermutigung, sich für die Liebe Gottes zu öffnen…eigentlich, so meinte er, ist es gar nicht schwer , Christ zu sein: alles, was es braucht, ist die Bereitschaft, sich von Gott lieben zu lassen, bedingungslos lieben zu lassen. Nur so kann das Vertrauen wachsen, dass er es gut mit uns meint und schon dafür sorgt, dass wir das bekommen, was wir zum Leben brauchen. So ist es für John eine Selbstverständlichkeit, dass wir, falls noch solo und dabei unglücklich, doch zur besten Partnervermittlung gehen, die es gibt: „Just pray for it – Bete doch einfach dafür!“

John meinte das nicht billig, sondern „todernst“ und lebenserprobt.

Warum eigentlich nicht?

Günter

Aus Querkreuz Nummer 1, Dezember 2000