Sommerabend

Gottesdienst vom 17. August 2008

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus.
Jesaja 42,3

Ich begrüsse Euch herzlich zum August-Gottesdienst der Lesbischen und Schwulen Basiskirche. Vorbereitet haben ihn Martin  und ich, mein Name ist Urs

Im Namen dessen,
der uns zur Gemeinschaft ruft,
der Gemeinschaft lebt,
der unsere Gemeinschaft stärkt,
wollen wir Gottesdienst feiern
Amen

Schweige und höre

Eingangsgebet
Gott, so leben wir:
zwischen Klugheit und Gerissenheit,
zwischen Gerechtigkeit und Eigennutz.
Schärfe unseren Blick dafür,
was andere Menschen und uns
wirklich weiterbringt,
was uns gemeinsam nützt
und worauf wir gemeinsam
vertrauen können.
Wehre aller Selbstzufriedenheit
und aller Überheblichkeit,
damit wir einander
in die Augen schauen können,
offen und frei.
Schenke uns dazu
Kraft und Zuversicht
aus deinem Wort.
Amen

Ich lese aus dem Markus-Evangelium Kapitel 12 die Verse 28 bis 34
28 Einer von den toragelehrten Frauen und Männern trat hinzu. Er hatte gehört, wie sie diskutierten, und hatte bemerkt, dass Jesus Fragen gut beantwortete. Er fragte ihn: »Welches ist das wichtigste aller Gebote?« 29Jesus antwortete: »Das wichtigste ist: Höre, Israel! Gott ist für uns Gott, einzig und allein Gott ist Gott. 30So liebe denn Gott, Gottheit für dich, mit Herz und Verstand, mit jedem Atemzug, mit aller Kraft.
31Das zweit-wichtigste Gebot lautet: Liebe deine Nächste und deinen Nächsten, wie du dich selbst liebst. Kein anderes Gebot ist grösser als diese zwei.« 32Da sprach der Toragelehrte zu ihm: »Gut, Lehrer, der Wahrheit entsprechend hast du gesagt: Gott ist einzig, und es gibt keine andere Gottheit neben ihr. 33 Gott von ganzem Herzen, mit all unserem Verstand und all unserer Kraft zu lieben und meine Nächsten zu lieben, wie ich mich selbst liebe – das ist weit wichtiger als alle Gaben zum Verbrennen und Schlachten.«
34Als Jesus sah, dass er mit Verstand geantwortet hatte, sagte er zu ihm: »Du bist nicht weit entfernt von Gottes Reich.« Da wagte niemand, Jesus noch etwas zu fragen.

Schweige und höre

Wer mich gut kennt, weiss dass ich mich mit gewissen Gottesbildern ziemlich schwer tue, dass ich oft den Begriff des „göttlichen Funkens in uns allen“ benutze. Ich wurde vor kurzem nach einer ausführlicheren Antwort gefragt. Mein Geistesblitz war „Für mich ist Gott die kleine, leise Stimme in uns, die uns immer wieder fragt, ob das was wir tun, uns und unseren Nächsten zum Wohl gereicht“. Irgendwie scheint das zu stimmen, denn es ist auch ziemlich einfach, diese Stimme vorläufig aber nicht ewig zu verdrängen. So lässt sich vielleicht erklären, warum sich Menschen immer wieder zu den Sauereien in der Weltgeschichte hinreissen lassen können.
Manchmal können wir diese Stimme wegen des Lärms um und in uns nicht mehr hören. Manchmal können wir die echte Stimme nicht von den Fälschungen, die an uns getragen werden unterscheiden.
Ich möchte uns allen die Gelegenheit geben, auf eine Entdeckungsreise zu gehen. Es ist Sonntag Abend, ein Sommerabend. Wir hören zusammen Musik, ich werde euch ein paar Gedichte und Texte, passend zum Abend vorlesen. Irgendwann werden wir die Musik ausblenden und noch eine Weile in der Stille bleiben.

Nehmt dieses Angebot als das was Ihr wollt, als Chill-out, literarisch-musikalische Darbietung oder eher meditativ.
Wer mag, kann sich bequem hinsetzen, Füsse auf den Boden, die Augen schliessen und beginnen, bewusst und ruhig zu atmen.

Musik

Text
Stille, Einsamkeit. Ein Baum. Allein, abseits von dem kleinen Wäldchen. Die Sonne ging langsam unter, das leise Rascheln des abendlichen Windes in den Blättern der Bäume und das vereinzelte Zwitschern der letzten, Vögel waren die einzigen Geräusche in dieser unberührten Natur.

Du Sommerabend
Du Sommerabend! Heilig, goldnes Licht!
In sanftem Glühen steht die Flur entzündet.
Kein Laut, der dieses Friedens Lauschen bricht,
in ein Gefühl ist alles hingemündet.
Auch meine Seele sehnt sich nach der Nacht
und nach des Dunkels taugeperltem Steigen
und will nur lauschen, wie in Rosenpracht
die dunklen Himmelsstunden leuchtend schweigen.
(Wilhelm Weigand (1862-1949))

Haiku
Des Sommers Abend in meinen Augen zu früh zur Nacht geworden

Sommerabend
Dämmernd liegt der Sommerabend
Über Wald und grünen Wiesen;
Goldner Mond, im blauen Himmel,
Strahlt herunter, duftig labend.

An dem Bache zirpt die Grille,
Und es regt sich in dem Wasser,
Und der Wandrer hört ein Plätschern
Und ein Atmen in der Stille.

Dorten an dem Bach alleine,
Badet sich die schöne Elfe;
Arm und Nacken, weiß und lieblich,
Schimmern in dem Mondenscheine.

Dorten an dem Bach alleine,
Badet sich der schöne Elf;
Arm und Nacken, weiss und lieblich,
Schimmern in dem Mondenscheine.
(Heine, Heinrich (1797-1856))

SOMMERABEND
Die grosse Sonne ist versprüht,
der Sommerabend liegt im Fieber,
und seine heisse Wange glüht.
Jach seufzt er auf: «Ich möchte lieber …»
Und wieder dann: «Ich bin so müd …»

Die Büsche beten Litanein,
Glühwürmchen hangt, das regungslose,
dort wie ein ewiges Licht hinein;
und eine kleine weiße Rose
trägt einen roten Heiligenschein.
(Rainer Maria Rilke)
Ein Sommerabend
Ein lauer Sommerabend

Wohlig wärmen die letzten Sonnenstrahlen
des Tages meine Haut
Alles scheint so stimmig zu sein

Aufgepeitscht durch die Hitze
Spielen die Hormone verrückt
Ein Gefühl nach Nähe, Berührungen
Und nach Zärtlichkeit
entwickelt sich unmerklich

Mit der Zeit
wird es drängender, fordernd
e s w i l l

Ich will

Dann ist es die Dämmerung
die mir die Sinne verwirrt
Viel zu schön
ist der Abend, die Nacht

Kein Gefühl von Müdigkeit
Ich möchte mich spüren
Ohne Vernunft
Ohne Wenn und Aber…

Sitze da und träume
Die Stunden verfliegen
Der Morgen schickt schon erste Grüsse

Irgendwann mache mich bereit
nach Hause zu gehen
Um mit ungestillter Sehnsucht
Ins Reich der Träume
zu entgleiten.
(Sonja Klaunzer)

An einem schönen Sommerabende
Lieblich senkt die Sonne sich,
Alles freut sich wonniglich
In des Abends Kühle!
Du gibst jedem Freud und Rast,
Labst ihn nach des Tages Last
Und des Tages Schwüle.

Horch, es lockt die Nachtigall,
Und des Echos Widerhall
Doppelt ihre Lieder!
Und das Lämmchen hüpft im Tal,
Freude ist jetzt überall,
Wonne senkt sich nieder!

Wonne in des Menschen Brust,
Der der Freud ist sich bewusst,
Die ihm Gott gegeben,
Die du jedem Menschen schufst,
Den aus nichts hervor du rufst´
Auf zum ew’gen Leben.
(Theodor Storm)

Text
Stille, Einsamkeit. Ein Baum. Allein, abseits von dem kleinen Wäldchen. Vor dem Baum eine Gestalt, aufrecht sitzend.

Haiku
Des Sommers Abend in meinen Augen zu früh zur Nacht geworden

Musik langsam ausblenden
Wir lassen noch 2-3 Minuten, dann stimmen wir nochmals „Schweige und höre“ an

Schweige und höre

Agape- oder Abendmahl-Liturgie

Mitteilungen
Ihr seid alle noch zur Teilet und zu einem Glas Bier eingeladen.
Der nächste Gottesdienst findet am 21. September statt. Da fällt mir noch ein Witz aus meiner Kinderzeit ein: Was ist eine doppelte Lüge? Wenn ein Deutsches Mädchen singt „ich bin ein Schweizer Knab“. Unser Septembergottesdienst findet nämlich traditionell am Eydgenössischen Dankch- Buss und Bet-Tag statt und wird von unserer Deutschen Pfarrerin Anja geleitet. Ich werde dann leider an einer Veranstaltung in der Innerschweiz sein, Aber ihr solltet Euch das nicht engehen lassen!

Segen
Im Kreis, Hände geben
Das Licht der Vergebung erhelle uns den Weg
der Baum des Friedens gebe uns den Schatten
die Welle der Liebe trage uns über das Meer
die Kraft der Verwurzelung lasse uns beweglich sein
Gottes Segen fliesse durch unsere Hände und Füsse, damit wir, von Gott gesegnet, für andere ein Segen sind.
Amen